Im Sommer 1820 hatte Geheimrat von Oertzen den Viehbestand des Bauern Hinrich Milhahn wie folgt eingeschätzt: Pferde und Kühe sind mittelmäßig, zwei Pferde schlaff, eins gut, die Ochsen klein. Zu Beginn des Jahres 1821 sind ein Pferd abgängig geworden, eine Kuh geschlachtet, eine Starke trächtig, also Kuh geworden, eine Starke von drei Jahren verkauft und eine einjährige Starke krepiert. Der ohnehin schon kleine Viehbestand hat sich also innerhalb eines halben Jahres noch mehr verschlechtert. Heu und Stroh als Futter für das Vieh sind noch zur Notdurft vorhanden. Für die neue Aussaat zum Erntejahr 1821 ist schon Hafer hinzugekauft worden. Auch Roggen hätte bereits eingekauft werden müssen. Der Kornvorrat Hinrich Milhahns ist im Vergleich zu allen anderen Bauern des Dorfes am geringsten. Im Januar 1821 werden noch einmal 3 Scheffel Roggen gedroschen, in Scheune und Fach liegen noch 36 Scheffel Roggen, 60 Scheffel Hafer, 16 Scheffel Gerste, 6 Scheffel Erbsen und 12 Scheffel Linsen - insgesamt 133 Scheffel. Die Familie Milhahn, die 1821 wahrscheinlich aus elf Personen besteht, backt im Durchschnitt alle fünf Wochen neues Roggenbrot. Sie verbraucht für den Teig jedes Mal fünf bis sechs Scheffel Roggen, das entspricht etwa 140 bis 170 Kilogramm. Aus dieser Menge lassen sich 50 bis 60 Brote backen, pro Tag wird also etwas mehr als ein Brot verzehrt. Nur über die zwölf Rauhnächte wird deutlich mehr gegessen. Das am 23. Dezember von fünf Scheffeln Roggen gebackene Brot ist bereits nach zwei Wochen verbraucht, so dass am 4. Januar erneut gebacken werden muss. Insgesamt verbraucht die Familie für das Brotbacken von September bis Juni 30 Zentner Roggen. Das für Kuchen oder Stuten nötige Sichtmehl aus Weizen wird Anfang September wohl zum Erntefest, Ende November in Vorbereitung auf Weihnachten, Ende Februar zu Fastnacht und am 12. April zu Ostern benötigt. Hier werden jedes Mal 25 bis 50 Kilogramm Weizen verbacken. Für das Weihnachtsfest werden einen Tag vor Heiligabend 16 Kilogramm Erbsen zum Kochen verwendet. Es gibt wohl die zu dieser Zeit in Mecklenburg übliche Weihnachtsspeise dicke Erbsen mit Gänsesauer, Speck oder Pökelfleisch. Im Frühsommer 1821 schätzt Administrator Becker ein, daß das Getreide des Bauern Hinrich Milhahn nur mäßig steht. Auch hatte er die Brüche nicht so bearbeitet, wie es hätte geschehen sollen. Haus und Scheune sind gut erhalten - Wagenschauer, Stall und Altenteilerkaten allerdings nur schlecht. Hinrich erntet in seinem letzten Wirtschaftsjahr 39 Scheffel Weizen, 107 Scheffel Roggen, 76 Scheffel Gerste, 85 Scheffel Hafer, 27 Scheffel Erbsen, 3 Scheffel Wicken, 2 Scheffel Leinsamen und einen halben Scheffel Buchweizen - mit 340 Scheffeln also etwas mehr als das Dreifache der Einsaat. Am 4. September - also sofort nach Beendigung der Ernte - beginnt Bauer Milhahn mit dem Ausdreschen seines Getreides. Den Anfang machen Weizen und Roggen. Das entspricht der üblichen Vorgehensweise. Der Weizen bringt den höchsten Kornpreis ein und wird so schnell wie möglich verkauft, um wieder etwas Geld in die Kasse zu bekommen. Beim Roggen wird zuerst der Saatroggen gedroschen. Hauptdreschzeit ist von Mitte Oktober bis Anfang November. Am 20. Dezember kurz vor Weihnachten ist fast alles Getreide ausgedroschen. Im Januar und März wird nur noch die fehlende Gerste gedroschen. Mitte November lässt Bauer Milhahn 135 Kilogramm Hafergrütze und 147 Kilogramm Gerstenmalz mahlen. Anfang Januar kommen noch 98 Kilogramm Gerstengraupen hinzu. Das restliche Getreide - etwa 115 Zentner - wird verkauft, verfüttert, zu Mehl vermahlen oder als Saatkorn aufbewahrt. Den Verkauf des Getreides vermittelt ein Makler, an den Anfang November eine Courtage gezahlt wird. Die Abnehmer des Milhahnschen Getreides kommen alle aus Güstrow - es sind Gastwirt Reinhold, Bäcker Schütt, Bürger Paepke und Brauer Hinze. Hinrich Milhahn verkauft im November und Januar fast ausschließlich Gerste und Weizen, nur ein wenig Hafer und gar keinen Roggen - insgesamt etwa 21 Zentner. Der Preis für Gerste liegt bei 14 Schilling pro Scheffel, der für Hafer bei 11 Schilling und der für Weizen zwischen 22 und 34 Schilling. Für das gesamte verkaufte Getreide kann er 18 Reichstaler und 40 Schilling einnehmen. Das entspricht heute in etwa einem Wert von 1.500 Mark. Ab Anfang Oktober beginnt Hinrich Milhahn mit der Mast von vier Schweinen. Sie werden mit Roggen, Hafer, Gerstenschrot und Erbsen gefüttert. Die Mast der Schweine wird am 26. Januar beendet - wahrscheinlich werden sie um Lichtmess geschlachtet. Vom 8. November bis zum Ende des Monats mästet er auch zwanzig Gänse mit insgesamt zehn Scheffeln Hafer - das entspricht 225 Kilogramm. Diese Gänse werden wohl Ende November geschlachtet, denn die Familie kauft am 22. des Monats Essig zum Einschlachten. Am 12. Januar werden 4 1/2 Pfund Federn - die Überreste der geschlachteten Gänse - an Herrn Berkholz in Vogelsang für 16 Schilling das Pfund verkauft. An seine Pferde verfüttert Bauer Milhahn über den Winter verteilt insgesamt 247 Kilogramm Hafer. Das Federvieh bekommt 147 Kilogramm Gerste. Etwa alle vier bis fünf Wochen sind 25 Kilogramm Gerste verbraucht. Auf der Stelle werden über den Winter insgesamt 21 Zentner Getreide verfüttert. Der Roggen wird fast ausschließlich als Brotmehl und Saatkorn zurückbehalten. Neben den Einkünften aus seinem Getreide verkauft Hinrich Milhahn im Januar und Februar insgesamt sieben Pölke an die Bauern Seemann und Behrend in Groß Wokern und den Krüger Stilow in Raden. Hier erreicht er Preise von 1 Reichstaler 16 Schilling bis 2 Reichstaler. Das entspricht nach heutigen Maßstäben etwa 100 bis 160 Mark. Der auf dem Gehöft stehende Altenteilerkaten ist an die Tagelöhnerfamilie Risch vermietet. Diese zahlt dafür jährlich 3 Reichstaler 24 Schilling - etwa 260 Mark. Noch drei Jahre zuvor wohnte hier die Tagelöhnerfamilie Brüsehaver. Tagelöhner Risch und seine Ehefrau hatten Hinrich Milhahn auch während der Erntezeit an 12 bzw. 18 Tagen unterstützt. Dafür erhält der Mann 8 Schilling, die Frau 4 Schilling pro Tag bezahlt. Mitte November zahlt Bauer Milhahn 10 Schilling Haulohn an Förster Ziegler für das Schlagen von einem halben Faden - etwa zwei Kubikmeter - Holz. Der Wintervorrat an Holz ist angelegt. Kleinere Ausgaben hat die Familie für Seilerarbeiten, eine Sattelreparatur, Leistungen des Schmiedes, eine halbe Tonne Teer sowie Salz, Milch und Käse. Das Milch gekauft wird, ist eher ungewöhnlich, hängt aber wohl mit dem geringen Viehbestand auf dem Hof Milhahn zusammen - zu Beginn des Jahres waren allein drei Kühe abgegangen. Ende Februar Anfang März beginnt das neue Wirtschaftsjahr. Für den Garten werden Sämereien gekauft. Tagelöhner Röggelin erhält am 2. März für das Vorhaken an vier Arbeitstagen einen Lohn von sieben Schilling pro Tag. Er ist der Schwager des Bauern Johann Hinrich und wohnt wahrscheinlich ebenso wie die Familie Risch im Altenteilerkaten auf dem Gehöft. Ende April werden Tagelöhner Rambow für das Haken an fünf Tagen jeweils fünf Schilling bezahlt. Er wird in dieser Zeit auch durch die Familie Milhahn beköstigt, darum erhält er wohl etwas weniger Lohn als Röggelin. Anfang Juni wird für das Ausheben eines 84 Ruten - etwa 390 Meter - langen Grabens gezahlt. Bauer Hinrich Milhahn zahlt im Verlauf des Wirtschaftsjahres verschiedene Kornabgaben. So bekommt die Schulstelle von ihm Anfang Oktober drei Scheffel Roggen und anderthalb Scheffel Hafer. Anfang November erhält Pastor Bölcken in Klaber an Messkorn zwei ein Viertel Scheffel Roggen. Mitte März werden dem Hirten für die Schweinemast zwei Scheffel Weizenschrot gegeben. Für das Wirtschaftsjahr 1821/1822 stellt der Wokersche Schmied Schmidt zu Michaelis eine Rechnung in Höhe von 117 Reichstalern auf. Er hatte unter anderem fünf Mal ein Pferd mit altem Eisen beschlagen, Halskoppeln und Halfterketten repariert, acht Mal die Schneideladen geschliffen, Schneidemesser und Äxte verstahlt, Haken- und Pflugsohlen verbessert, zwei neue Kohlstößer angefertigt und mehrere Pfund Nägel geliefert. Für den Verdunk, eine Art Dauerauftrag für die Pflege der Hakeisen, verlangt der Schmied 3 Reichstaler 12 Schilling. Schon im Januar hatte Hinrich Milhahn als Verdunkkorn jeweils ein ein Viertel Scheffel Roggen und Gerste gezahlt. Die Schulden des Bauern Hinrich Milhahn betragen am Ende des Jahres 1821 273 Reichstaler und 10 Schilling. Hinrich hatte den Hof 1806 mit 35 Reichstalern Schulden übernommen. Innerhalb von nur fünfzehn Jahren ist diese Summe nun fast verachtfacht. Nach heutigen Wertmaßstäben entspräche das in etwa einer Schuldsumme von 22.000 Mark. Am 18. April 1822 wird Hinrich Milhahn offiziell abgemeiert. |