1836 wird in Teterow unter der Leitung des Mühlenbauers van Rumpt zu Basedow eine erste hölzerne Wasserleitung verlegt. Das Wasser wird aus den beiden Quellen Rostocker Troge und Pipendorn gepumpt, die nahe der Schützenhausvorstadt an der Rostocker Chaussee liegen, durch die Rostocker Straße auf den Markt in ein Bassin geleitet. Von hier aus kann es auch in die Malchiner-, die Köthelsche- und die Pferdemarktstraße sowie auf den Kirchenplatz gepumpt werden. Bis zu diesem Jahr gab es für die Einwohner nur einige Straßenbrunnen, die aber oft nur wenig und schlechtes Wasser hatten, so dass Mühlenteich und Bach mitbenutzt werden mussten. Die Quelle Rostocker Trogg ist schon auf der Feldflurkarte von 1727 an der Gabelung des Rostocker und Güstrower Weges zu erkennen. Jetzt fließt das Wasser reichlich und ist von ungleich besserer Qualität als das Flusswasser. Von nun an wird Wassergeld für jedes volle Haus 1 Reichstaler, jedes halbe 24 Schilling, jedes viertel 12 Schilling und jeden Mieter ebenfalls 12 Schilling erhoben. Auch Paul, Johann Paul, Carl und Gottfried Milhahn sind schon frühe Nutznießer dieser ersten Wasserleitung, in einem Register der Wasserrechnungen von 1851 werden ihre Namen genannt. Die Stadt moniert nach dem Bau der Leitungen nur, dass die Straßendämme zum Teil nicht wieder ordentlich hergestellt wurden und dass sich die Hydranten nicht genügend selbst entwässern. /16/ Am 26. Februar 1840 finden sich in Teterow auf Initiative des Großgrundbesitzers Friedrich Pogge auf Zierstorf zum ersten Mal etwa fünfzig Landwirte der Teterower Region zu einer Bauernversammlung zusammen. Es geht vor allem darum, die Bauern, die erst vor etwa zwanzig Jahren aus der Leibeigenschaft entlassen worden waren, mit den Fortschritten der Landwirtschaft und der Poggeschen und Thünenschen Wirtschaftsweise vertraut zu machen. Acht Jahre später - am 20. April 1848 - beantragt die Teterower Volksversammlung, Dr. von Thünen die erste Ehrenbürgerwürde der Stadt zu verleihen. Zu Pfingsten wird ihm die Urkunde auf seinem Gut in Tellow von 220 Bürgern der Teterower Bürgerschaft feierlich übergeben. Ab 1849 erhalten auch die Rostocker- und die Schützenhausvorstadt hölzerne Wasserleitungen, die das Wasser vom sogenannten Güstrower Troge in ein Bassin auf dem Schützenhausplatz leiten. Am Bau dieser Leitung verdienen auch Gottfried, Johann Paul und Carl Milhahn. Sie erhalten mehrmals Frachtlohn für Fuhrleistungen. Im Herbst 1850 bricht in Teterow die Cholera aus. Bis in den Januar des Folgejahres hinein sterben insgesamt sechsundzwanzig Personen an der Krankheit, die auch als Erbrechen oder Weiße Ruhr bezeichnet wird. In vielen anderen Städten Mecklenburgs fordert diese Choleraepidemie aber weitaus mehr Opfer. Um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, riegeln sich die Städte gegen jeglichen Fremdenverkehr ab. Teterow wird im gleichen Jahr zu einem Schauplatz der landesweit Aufsehen erregenden Flucht des Dichters und Professors für Kunst- und Kulturgeschichte Gottfried Kinkel aus dem Spandauer Zuchthaus. Kinkel war als aktiver Mitstreiter der Revolution von preußischen Gerichten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Mit Hilfe seines Freundes Carl Schurz gelingt ihm in den frühen Morgenstunden des 7. November die Flucht aus dem Zuchthaus. Sie führt über Hennigsdorf, Sandkrug, Oranienburg, Löwenberg und Dannenberg nach Mecklenburg-Strelitz. Von Strelitz aus setzen die Flüchtenden ihre Fahrt mit der Kutsche des Amts- und Stadtrichters Carl Petermann fort. Er war als Abgeordneter im mecklenburgischen Landtag ein Freund des Zimmermeisters und Bürgerschaftsvorstehers Zingelmann in Teterow. So erreichen Kinkel, Schurz und Petermann in den Abendstunden die Stadt Teterow von wo aus sie nach einer kurzen Stärkung im Hause Zingelmann über Laage nach Rostock aufbrechen. Von Rostock aus können sie sich am 17. November erfolgreich nach England einschiffen. /15/ Zimmermeister Zingelmann könnte ein enger Bekannter von Schlossermeister Johann Paul Milhahn gewesen sein, denn ihre Eltern sind Ackerbürger und Hausnachbarn in der Pferdemarktstraße. Die fast gleichaltrigen Zingelmann und Milhahn sind Mitglieder der mit der Revolution entstandenen Teterower Volksversammlung - Zingelmann ist sogar ihr Vorsteher. Auch auf der Ehrenbürgerurkunde Dr. von Thünens finden sich die Unterschriften der beiden. Anfang Januar 1852 wird das alte Amt der Schmiede aufgelöst und es gründet sich das Amt der Eisen und Metalle verarbeitenden Gewerke. Hierzu gehörten jetzt alle Schmiede, Nagelschmiede, Schlosser, Klempner, Nadler und Büchsenmacher der Stadt. Bei seiner Gründung gehören dem Amt vierundvierzig Personen an, der Senator Paegelow wird zum Patron gewählt, das Amt erhält einen Schlosser und einen Schmied als Ältermann, außerdem drei Beisitzer - Schlosser, Schmied und Klempner. Herbergswirt wird zunächst Sattlermeister Ahrens, wenig später übernimmt die Gesellenherberge der Schlachtermeister Hoth. Ihm wird das Gesellenbuch des Amtes übergeben. Die Mitglieder zahlen Beiträge in die Amtskasse, die Gesellenverpflegungskasse und die Totenlade. Ein Großteil der Meister treibt neben seinem Handwerk auch noch Ackerbau. Auch Schlossermeister Johann Paul Milhahn ist Mitglied dieses Amtes. /16/ Im Oktober und November 1854 sterben in Teterow wieder siebzehn Einwohner an der Cholera. Die Krankheit war zuerst in Mieckow und Klein Roge ausgebrochen, von dort aus springt sie auf die Stadt über und verbreitet sich. Allein im Armenhof sterben zehn Personen und nur durch eine strenge Abriegelung kann ein weiteres Ausbreiten der Krankheit verhindert werden. 1856 erhält Teterow erhält eine Telegraphenverbindung mit den Nachbarstädten Güstrow und Malchin. In Teterow finden zwei Erhängungen statt. Am 2. Mai 1857 brennen morgens gegen halb vier in der sogenannten Freiheit vor dem Rostocker Tor vierunddreißig Scheunen und vier Ställe nieder. 1858 erhält Teterow erhält eine erste Badeanstalt. Sie liegt am Südwestzipfel des Teterower Sees gegenüber dem Sauerwerder. Das Verhalten im sogenannten Zollenkopfschen Badehaus ist genau geregelt. Die Badestelle ist den ganzen Sommer über bis Michaelis geöffnet - bis Juli von morgens halb fünf an, im August und September von halb sechs bis abends um sechs oder bis zum Anbruch der Dunkelheit. Mittags gibt es eine zweistündige Pause, an den Sonntagen ist das Bad nicht so lange geöffnet. Damen und Herren benutzen unterschiedliche Zellen zum Baden, nichtkonfirmierte Kinder gehen in ein eigenes Bassin. Hunde haben keinen Zutritt, auch Angeln ist nicht erlaubt. In diesem Jahr wird auch die Chaussee nach Gnoien gebaut. /16/ Mit oberbischöflicher Genehmigung kann die Stadt Teterow am 12. März den einhundertsechzig Jahre zuvor von Pastor Fiedler gestifteten Fliederkamp vor der Stadt pachten. Das öffnet den Weg zum Bau eines ersten Schulhauses. Zwei Jahre später wird auf diesem Gelände, für das sich fortan der Name Schulcamp einbürgert, die erste Volksschule eingeweiht. 1875 entsteht hier auch eine Kleinkinderschule, das heutige Pastor Fiedler Haus. Während einer besonders großen Choleraepidemie im Jahre 1859 an der in Mecklenburg insgesamt etwa 3.500 Menschen sterben, bricht die Seuche in Teterow nur bei einer Person aus, die aus einem Choleraort geflüchtet war. Diese bewohnt ihr Häuschen in Teterow allein, so daß sich die Krankheit nicht weiter in der Stadt verbreitet. Besonders schlimm sind auch die umliegenden Kirchspiele Recknitz und Warnkenhagen betroffen, in denen allein 256 Menschen sterben. Am 29. September 1862 geht in Teterow die erste Gasbeleuchtung in Betrieb. Beim Bau der Eisenbahnstrecke der Friedrich-Franz-Bahn wird eine Viertel Meile vor der Stadt eine neue ausgesprochen ergiebige Quelle entdeckt. Da das alte Wasserleitungssystem nicht mehr besonders leistungsfähig ist, und vor allem die Bewohner der südlichen Malchiner Stadtseite im Sommer und Herbst schon am Vormittag oft kein Wasser haben, beginnt man nun mit der Konzeption für eine neue Wasserversorgung. Teterow erhält 1864 einen Bahnhof. Am 14. November wird die Strecke Güstrow - Neubrandenburg in Betrieb genommen. Wenige Jahre später fahren die Züge nach Waren täglich um zwei Uhr ab Teterow, vormittags um elf Uhr trifft der Zug aus Waren ein. Auch zum Rostocker Pfingstmarkt fahren Sonderzüge. Zwanzig Jahre später wird die Strecke nach Gnoien eröffnet. Zur Einweihung des Bahnhofs kommen die Großherzöge Friedrich Franz II. von Mecklenburg Schwerin und Friedrich Wilhelm I. von Mecklenburg Strelitz nach Teterow. Auch sieben Jahre später weilt der Schweriner Großherzog noch einmal in Teterow. Er besichtigt erneut den Bahnhof, auch die Kirche und das neue Schulhaus. Mit dem Wagen wird der Herzog in die Heidberge gefahren, ihm wird der Schützengarten gezeigt, die Schevensche Maschinenfabrik, die Feuerwehr und Teterows Wasserleitung. Zum Abschluss seines Kurzbesuches nimmt Friedrich Franz noch einen Imbiss im großherzoglichen Zimmer des Bahnhofs, dann reist er gegen fünf Uhr abends weiter nach Burg Schlitz. /16/ Ab Sommer 1866 wird mit dem Bau eines neuen Wasserleitungssystems begonnen, das Wasser nun über gusseiserne Leitungen in die Stadt pumpt. Zwischen Friedrich-Franz-Bahn und Warenscher Chaussee wird ein Wasserreservoir aus Ziegelsteinen angelegt. Von hier aus führen die Rohre in die Stadt. Allen Hausbesitzern wird es gestattet, vom Hauptrohr aus Hausleitungen anzulegen. Bis zum Jahre 1870 haben davon schon 255 Hausbesitzer von insgesamt 693 Häusern Gebrauch gemacht. Alle übrigen entnehmen ihr Wasser öffentlichen Wasserständern und man meint, dass es wohl niemals erreicht werden kann, dass alle Einwohner einen privaten Anschluss erhalten werden. Als Wassergeld wird von der Stadt nun von jedem Taler Miete 1 3/4 Schilling erhoben. Kaufleute, Brauer, Färber, Wasch- und Badeanstalten sowie andere wasserkonsumierende Gewerbetreibende müssen allerdings mit mehr Kosten rechnen. Auch für Gartenanlagen, Höfe und andere Plätze, die begossen werden müssen, wird zusätzliches Wassergeld erhoben, ebenso für Vieh- und Wagenbesitzer. /16/ Die Wassergeldordnung wirft ein interessantes Licht auf das alltägliche Leben in der Stadt. So zeigt sich, dass die Bewohner, die bereits über private Leitungen in ihre Häuser verfügen, durch die große Leichtigkeit jetzt sehr viel mehr Wasser verbrauchen und sogar ihre Leinenzeugwäsche in den Häusern waschen ohne die öffentlichen Waschplätze aufzusuchen oder eben mühsam Wasser herbeiholen zu müssen. Auch für das Scheuern und Reinigen der Häuser wird das Wasser jetzt regelrecht verschwendet und man sucht nach vernünftigen Regelungen, um den Wasserverbrauch gerecht bemessen zu können. /16/ Einen kleinen Einblick in das städtische Leben gibt auch die Teterower Zeitung aus diesem Jahr. Sturm und immer Sturm, das sei das Gepräge des vergangenen Winters - beinahe alle acht Tage war es stürmisch gewesen. In den Wäldern liegt sehr viel Abfallholz, Ende Januar können sich die Teterower Buchen- und Eichenabfälle aus dem Hohen Holz und Tannen aus den Kiether Tannen holen solange Frostwetter und Wege halten. Als es in den nächsten Wochen stärker zu regnen beginnt, gibt es Beschwerden über den tiefen Schmutz auf den zum Bahnhof führenden Straßen. Zu Jahresbeginn müssen Schoss und Wassergeld, Schulgeld, Hundesteuer und Mahl- und Schlachtsteuer an die Städtischen Kassen bezahlt werden. Die Kornpreise liegen für Weizen bei 24 Schilling pro Scheffel, Roggen, Gerste und Hafer kosten 16 Schilling, Erbsen 20 Schilling. Im August wird in den Mooren Torf gestochen und als Heizmaterial vor die Haustür geliefert, Heugras, Korn und Kartoffeln können sich die Teterower im September kaufen. Zahlreiche Privatinserate bieten die unterschiedlichsten Dinge zum Verkauf an - vorzüglich schönes Rindfleisch, Runkeln, Strohhüte oder ganz vorzüglichen Sommerfanghering, Stellen werden angeboten, Acker- und Wiesenstücke verpachtet und Häuser öffentlich verkauft. Die Torschreiberhäuser werden zum Verkauf angeboten und das Schusteramt lässt den vor der Stadtmauer liegenden Schustergerberhof auf. Wer die Absicht hat, auf sein einstöckiges Wohnhaus noch ein zweites Stockwerk zu setzen, wird darauf hingewiesen, die Höhe lichte Höhe von zehn Fuß - etwa 2,90 Meter - einzuhalten. Anfang Oktober wird die von der Stadt Teterow zum Militärdienst zu stellende Mannschaft öffentlich ausgelost. Alle Losungspflichtigen des Jahrgangs 1845 müssen sich morgens 8 Uhr auf dem Rathaus einfinden. Zur Wahl der Teterower Bürgervorsteher kommt nur die Hälfte der mehr als achthundert Wahlberechtigten. Als jedoch fünf Jahre später die Reichstagswahlen abgehalten werden, erscheinen fast alle Berechtigten zur Wahl. In Teterow erhält Friedrich Pogge auf Roggow den weitaus größten Anteil der Stimmen - er wird dann auch als mecklenburgischer Abgeordneter in den Reichstag gewählt. Im Februar verstirbt der Zimmermeister Vollrath Zingelmann in New York, er hatte als Bürgervorsteher viele Jahre lang die Stadtgeschicke mitbestimmt. Kultureller Höhepunkt des Jahres ist der Besuch der Bredeschen Schauspielergesellschaft. Zu ihrem Repertoire gehören solch erbauliche Stücke wie Die Ehefeinde oder Up ewig ungedeelt, aber auch Schillers Räuber. Die Theatertruppe bleibt vier Wochen in Teterow, dann reist sie weiter nach Malchin. Für die Schauspieler werden Unterkünfte in der Stadt gesucht. /16/ Anlässlich einer Volkszählung in Mecklenburg Schwerin werden 1867 für Teterow 5.063 Einwohner festgestellt, darunter 2.469 männlichen und 2.594 weiblichen Geschlechts. Der Mecklenburgische Staatskalender aus dem folgenden Jahr nennt 40 volle, 17 dreiviertel, 175 halbe und 448 viertel - also insgesamt 680 Häuser. Der Hausbestand hat sich seit der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg fast vervierfacht, die Einwohnerzahl verzehnfacht. Im Sommer 1870 findet überall im Land die Mobilmachung für den Deutsch-Französischen Krieg statt. Die Teterower Militärpflichtigen werden im August aufgefordert, sich mit ihren Losungsscheinen in Malchin einzufinden. Als am 4. März des folgenden Jahres der Frieden geschlossen wird, läuten in Teterow die Kirchenglocken, Kanonen werden abgefeuert, Häuser sind illuminiert und geflaggt. Abends findet für alle Teterower Bürger freie Musik im Schützenhaus statt. Auch als die Teterower Soldaten Ende Juni aus dem Krieg zurückkehren, gibt es einen feierlichen Empfang in der Stadt. Im Festzug werden die Gewerke genannt - Zimmerleute, Tischler und Holzarbeiter, Weber, Schneider, Färber, Kürschner, Hutmacher, Schuster und Sattler, Töpfer, Glaser, Maurer, Metallarbeiter, Maschinenbauer, Müller, Schlachter, Bäcker, Brauer, Bader und Buchdrucker. Interessant ist der Vergleich mit einer ähnlichen Aufstellung von vor etwa einhundert Jahren. Hinzugekommen sind Kürschner, Maschinenbauer, Bader und Buchdrucker, verschwunden die Salzhoeker und Zinngießer. Manches einzeln nicht genannte alte Handwerk taucht wohl trotzdem in der Gruppe der Holz- und Metallarbeiter auf, so die Schmiede, Rademacher oder Stellmacher.
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