Spinnen von Wolle und Flachs ist eine der wichtigsten Winterarbeiten der Frauen. Die Spinnstubenzeit beginnt um Martini herum, wenn die Feldarbeit beendet ist, und wird nur an Sonnabenden und Sonntagen sowie in den zwölf Rauhnächten unterbrochen. Für die Flachsspinnerei müssen die Leinpflanzen einer länger andauernden Prozedur unterworfen werden. Nach der Ernte werden der Lein mit seinen aus Bastfasern bestehenden Stengeln getrocknet. Nach dem Trocknen wird er geriffelt und so von Samen, Körnern und Blättern befreit. Um nun die reinen Fasern von anderen Bestandteilen zu trennen, müssen die Leinstengel über mehrere Wochen Rotten, Rösten oder Weichen. Dazu bieten sich zwei natürliche Verfahren an. Bei der Wasserröste werden die Flachsstrohbündel in Teichen oder Gruben unter Wasser gehalten, mit Brettern bedeckt und mit Steinen beschwert. Bei der Tauröste wird das Flachsstroh ganz dünn auf einer Wiese oder dem Dorfanger ausgebreitet und desöfteren umgewendet. Der Gärungsprozess durch Witterungseinfluss dauert etwa zwei bis zehn Wochen. Die Flachsröste verbreitet einen äußerst penetranten und widerwärtigen Geruch. Nach dem Rösten müssen die Flachsbündel noch einmal getrocknet werden. Das geschieht entweder in der Sonne, meistens jedoch in den Backöfen oder speziellen Darröfen, die nur schwach beheizt sein dürfen, da der Flachs sonst mürbe und brüchig wird. Nach diesem Trocknungsvorgang wird der Flachs gebrochen, um die letzten Holzbestandteile zu entfernen und die Fasern zu lockern. Durch das anschließende Hecheln können die Fasern zerteilt und geradegelegt werden und sind nun zum Färben oder Spinnen vorbereitet. Nach dem Spinnen wird der Faden zu Leinwand verarbeitet. Selbst gesponnenes Leinen gilt als Statussymbol und ist für die Aussteuer vorgesehen.
Für die Wollspinnerei wird die geschorene Wolle der Schafe gewaschen, gekämmt, eventuell gefärbt und dann versponnen. Auch die Schafwolle kann verwebt werden. Meist wird sie jedoch verstrickt. Gesponnener Hanf, der eine gröbere Faser als Lein besitzt, wird hauptsächlich für die Anfertigung von Netzen, Tauen und Segeln verwendet. Für das Färben von Leinwand oder Wolle werden hauptsächlich Färberwaid, der blau färbt, und Krappwurz, der rot färbt, verwendet. Die Wurzeln des Krapp werden in speziellen Krappmühlen zerkleinert, z.B. in Stavenhagen. Färberwaid wird als Pulver oder in Kugelform aus Thüringen oder dem Rheinland bezogen, wo die Pflanze hauptsächlich angebaut wird. Andere Färbemittel sind zum Beispiel bei Wolle und Leinen die Rinde des Schlehdorns für rote Farbe oder bei Wolle der Saft der grünen Walnuss für braune Farbe. /15/ |