Grundbucheintragung Blatt 5032 Teterow, den 19. Oktober 1905

Die Grundbucheintragungen beziehen sich auf ein Viertel-Haus mit kleinem Grundstück in der Teterower Mauerstraße Brandnummer 539, der späteren Nördlichen Ringstraße 55. Das Haus befindet sich unweit des Rostocker Tores, es könnte um 1800 gebaut worden sein, an einem der Nachbarhäuser befindet sich im Dachbalken die Jahreszahl 1801. Zu dieser Zeit kostet ein Haus in der Mauerstraße etwa 175 Reichstaler. Da es an der ehemaligen Stadtmauer auf städtischem Grund liegt, zahlt Heinrich Milhahn einen jährlichen Kanon von 58 Pfennigen an die Stadt Teterow. Direkt gegenüber dem Grundstück liegen das Amtshauptmannshaus und ein großer Speicher, die heute jedoch beide nicht mehr vorhanden sind und darum einen großen freien Platz bilden. Daran vorbei führt die Kleine Bachstraße leicht ansteigend über den Mühlenbach geradewegs auf den Pferdemarkt. Zum Haus gehören ein Stück Hofland mit Ställen, eine zehn Ruten - etwa 220 Quadratmeter - große Koppelwiese und ein 15 Ruten - etwa 330 Quadratmeter - großer Garten auf dem Röselande. Das Röseland liegt am Weg zum Hohen Holz und nach Wokern in der Nähe der alten Bornmühle, wenn man die Stadt in Richtung Nordwesten verlässt. Noch heute befinden sich hier freies Feld und einige Gärten, obwohl sonst die stadtnahe Teterower Feldmark fast überall mit Vorstadtsiedlungen überbaut ist.

Heinrich Milhahn kauft das Haus in der Mauerstraße am 9. Oktober 1873. Dazu borgt er sich vom Kaufmann Aefcke 900 Mark, die als Schuld im Grundbuch eingetragen werden. Aefcke ist ein entfernter Verwandter, Ehemann einer Tochter seines Großonkels Paul Milhahn. Zwei Tage vor Weihnachten 1864 hatte Heinrich Milhahn das Bürgerrecht der Stadt Teterow, gegen die Bezahlung der Einschreibegebühr und das Geld für einen Feuereimer, erhalten. Er ist zu diesem Zeitpunkt Arbeitsmann, spätere Quellen nennen ihn stets einen Bleicher. Zwei Monate später heiratet er Friederike Magdalene Marie Karnatz, Tochter des Webers Karnatz aus Klein Bützin. Doch nach nicht einmal dreijähriger Ehe stirbt sie nur wenige Monate nach der Geburt ihres zweiten Kindes im Oktober 1867 an Typhus. Zu diesem Zeitpunkt zieht Heinrichs 67jährige Mutter Sophie zu ihm - die beiden Kinder Fritz und Anna sind erst zwei Jahre bzw. fünf Monate alt. Heinrichs Mutter ist seit sechs Jahren Witwe - während der Volkszählung, die kurz nach dem Tod seiner Ehefrau in Teterow durchgeführt wird, wird sie in seinem Haushalt aufgeführt.

Jetzt beim Hauskauf ist Heinrich bereits seit fünf Jahren zum zweiten Mal mit Wilhelmine Krense aus Neu Wokern verheiratet. Sie haben vier Kinder, einen Sohn und eine Tochter aus Heinrichs erster Ehe - acht und sechs Jahre alt - ebenso einen Sohn und eine Tochter aus zweiter Ehe - vier und zwei Jahre alt. Beiden werden noch vier weitere Kinder geboren, zwei sterben allerdings bereits als Kleinkind. Zum Ende der 80er Jahre haben Heinrich und Wilhelmine sechs Kinder - die Söhne Fritz, Hermann und Heinrich sowie die Töchter Anna, Sophie und Frieda. Heinrich Milhahn ist wie sein Vater Gottfried Bleicher der Stadt Teterow. Spätestens in ihren letzten Lebensjahren, vielleicht aber auch durchgängig seit dem Tod der ersten Frau Heinrichs, wohnt auch seine Mutter Sophie Kohfeldt wieder in seinem Haus. Am 13. Februar 1892 stirbt sie hier im hohen Alter von 91 Jahren an Altersschwäche. Sie hatte ihren Ehemann Gottfried um mehr als dreißig Jahre überlebt. Er war schon 1861 - direkt an seinem Geburtstag - an Krebs gestorben.

Am 19. Oktober 1905 verkaufen Heinrich und Wilhelmine Milhahn ihr kleines Haus für 1.800 Mark an den Schlachter Karl Badendieck. Beide sind jetzt Mitte sechzig, sie haben ihr Haus zweiunddreißig Jahre bewohnt. Die ältesten Kinder Friedrich, Anna und Hermann sind verheiratet und wohnen in Wittstock, Wittenberge und Gerdshagen. Die beiden Jüngsten Hermann und Frieda sind vor wenigen Jahren nach Amerika ausgewandert. Die einzig noch in Teterow wohnende Tochter Sophie war - zwei Monate bevor ihre alten Eltern das Haus verkaufen - im August des Jahres mit nur 27 Jahren an einem Nierenleiden gestorben. Nun gibt es wohl keinen Grund mehr, das Haus für eines der Kinder zu erhalten. Der Käufer Schlachter Badendieck verpflichtet sich zur Abtragung der Grundschuld von 900 Mark an die Aefckeschen Erben, die noch immer auf dem Haus liegt. Er räumt dem Ehepaar Milhahn bis zu dessen Tod Wohnrecht im Haus ein. Für ihre Wohnung zahlen sie an Badendieck künftig 24 Mark jährliche Miete, die Koppelwiese und den Garten auf dem Röseland dürfen sie weiterhin nutzen. Nur drei Jahre später - im Juni 1908 - stirbt Heinrich Milhahn an einem Schlaganfall, seine Witwe bleibt noch weitere sieben Jahre bis 1915 allein in Teterow wohnen, dann zieht sie zu ihrem Sohn Hermann nach Gerdshagen und stirbt dort 77jährig im April 1919. Zu diesem Zeitpunkt besitzt Karl Badendieck noch immer das ehemals Milhahnsche Haus. Direkt neben ihm wohnt der Ackerbürger Johann Badendieck, dessen Wohnhaus noch gut als Ackerbürgerhaus zu erkennen ist. Beide Grundstücke werden später zu einem zusammengelegt und die Wohnhäuser miteinander verbunden. Sie bilden heute die Nördliche Mauerstraße Nummer 55.