"Inventarium von dem Gehöfte Nr. IV des Hauswirtes Jacob Milhahn zu Großen Wockern, errichtet daselbst den 31. März 1773"    /6/

1770/71 lässt das Amt Güstrow eine Grundliste seiner Untertanen erstellen. Sie zeigt, wer kurz vor dem Hauswirtswechsel auf dem Hof Milhahn wohnt und welche weiteren Familienangehörigen es zu diesem Zeitpunkt im Dorf gibt.

Auf dem Gehöft Nummer IV wohnt der 67jährige Jacob Milhahn als Hauswirt mit seiner fünf Jahre älteren Ehefrau Dorothea Stüve. Außerdem lebt hier der - nach dem Tod eines älteren Bruders - einzige Sohn Johann David mit seinen Kindern. Er ist 35 Jahre alt und steht kurz vor der Übernahme der väterlichen Stelle. Zwei Jahre zuvor war seine erste Ehefrau eine geborene Pagels verstorben. Nachdem er sich kurz darauf wieder verheiratete, starb im folgenden Sommer auch seine zweite Ehefrau - eine geborene Sternbergs - an den Folgen der Geburt ihres ersten Kindes. So ist Johann David nun schon zum zweiten Mal Witwer und lebt mit seinen drei minderjährigen Kindern auf dem Hof. Lehn Dortie ist sieben Jahre alt, Johann Hinrich fünf und Trin Maria erst zwei. Eine rasche Wiederheirat ist nötig, nicht nur wegen der kleinen Kinder, sondern auch, um in der Lage zu sein, den väterlichen Hof zu übernehmen.

Da auf dem Gehöft mit drei erwachsenen Personen - noch dazu zwei älteren - viel zu wenig Arbeitskräfte vorhanden sind, hilft Jacobs Neffe Ahrent Bamm, Sohn seiner bereits verstorbenen einzigen Schwester Elisabeth, als Knecht aus. Die Familie Bamm wohnt scheinbar ein Leben lang mit in der Stelle, schon im Beichtkinderverzeichnis von 1751 lebt sie im Altenteilerkaten zusammen mit dem alten Adam Milhahn.

Jacob hat neben dem Gehöftserben David noch zwei weitere Kinder. Die älteste 36jährige Tochter Elisabeth Dorothea ist mit dem angehenden Dorfschulzen Johann Friedrich Seemann verheiratet. Beide haben drei Kinder - die 11jährige Maria, die 2jährige Stina und den einjährigen Hinrich. Jacobs zweite Tochter die 31jährige Maria Elisabeth ist mit dem angehenden Hauswirt Ahrent Pagel verheiratet. Sie haben die fünf und zweijährigen Söhne Hinrich und Johann Jochim.

Das Inventarium der Milhahnschen Stelle von 1773 wird erstellt, als Jacob Milhahn endlich die Hofstelle an seinen Sohn David übergeben kann. Jacob ist bereits 70 Jahre alt und für einen Wirtschaft führenden Hauswirt schon relativ alt. Die Aufstelllung dokumentiert den Zustand des Hofes während der Bewirtschaftungszeit durch Jacob Milhahn. Dieser hatte den Hof vor 1751 von seinem Vater Adam Christoff Milhahn übernommen.

Zu den Gebäuden der Gehöftsstelle IV wird nur sehr kurz vermerkt "das Wohn Hauß ist sehr baufällig. Die übrigen Zimmer sind im baulichen Stande." Die Milhahnsche Familie lebt also auch noch Anfang der siebziger Jahre des Jahrhunderts in dem von Claus Milhahn vor etwa 100 Jahren erbauten Wohnhaus. Wie spätere Quellen angeben, wird David kurze Zeit nachdem er die Stelle übernommen hat, ein neues Wohnhaus errichten. Direkte Hofnachbarn sind die Hauswirte Christian Knegendorf vor dem Milhahnschen Gehöft am Dorfanger und Hans Burmeister vom Anger aus gesehen links neben der Stelle.

Ausführlich wird der Viehbestand der Stelle beschrieben. Jacob übergibt insgesamt neun Pferde, davon einen Schimmelwallach und einen schwarzen Wallach, zwei schwarze Hengste, vier schwarze und eine braune Stute. Es gibt auch zwei schwarze Hengst- und ein schwarzes Stutfohlen auf dem Hof. David erhält zwei gelbe Ochsen, einen schwarzbunten und je einen bunten, roten und blauen. Zum Viehbestand gehören eine gelbe und zwei rote Kühe, zwei Starken und ein Börnkalb. Eine Starke möchte Jacob Milhahn gerne zum Altenteil behalten. Zur Hofstelle gehören weiterhin zehn Schweine, sieben Schafe, acht alte Gänse, ein Ganterich, zwölf Hühner und ein Hahn. Alles in allem übernimmt David von seinem Vater einen außerordentlich intakten Viehbestand. Als er die Stelle 23 Jahre später an seinen Sohn weitergibt, weist dieser schon erhebliche Lücken auf.

Zum Ackergerät zählen drei Wagen, drei Haken mit vier Eisen, ein Pflug, acht Eggen, zwei Schlitten, sechs Dreschflegel, eine Rodehacke, diverse Forken, eine Misttrage, acht Sielen und Zäume, ein Sattel, zwei Halskoppel und zwei Leinen, zwei Häckselladen und Haarzeug zum Sensedengeln. Werkzeug zur Holzbearbeitung sind Zugbank und Zugmesser, Beile, Stemmeisen, Bohrer, Handsäge, Kerbsäge, Holzketten und zwei Schwingblöcke.

An Hausgerät gibt es auf der Stelle Jacob Milhahns zwei Kupfer- und drei einfache Kessel, einen Eierkessel und eine Bratpfanne. Zur Milchverarbeitung stehen ein Butterfass, fünf Butterbüchsen, ein hölzernes Milchsieb und ein Milcheimer zur Verfügung. Kohlbrett und Stößel dienen der Herstellung von Sauerkraut. Wassereimer, -tonne und Striddig - ein dreibeiniges hölzernes Gestelle für den Waschtrog - sind ebenfalls vorhanden. Drei verschieden große Biertonnen, ein Biertrichter, drei Lechel, diverse Siebe, Scheffel, ein alter Backtrog, drei Mulden und ein irdener Krug komplettieren den Haushalt.

Auch die Ausstattung mit Möbeln ist ausgesprochen schlicht. Im Milhahnschen Wohnhaus gibt es einen Eßschrank, einen Milchbord, einen Tisch, zwei Bänke, zwei Brett- und drei gewundene Stühle sowie drei Spinnräder. Besonders aufgeführt werden ein Knechts-, ein Dirns- und ein Jungens-Bett.

Hauswirt Jacob Milhahn hat noch Schulden an seine Knechte Johann Hinrich Milhahn (der Sohn seines Bruders Johann Jochim) und Hinrich Eggebrecht für rückständigen Lohn, ebenso an den Einlieger Bamm (Schwager oder Neffe) für Tagelohn. Bei seinem Bruder Johann Joachim Milhahn hat er sich fünf Taler für den Ankauf des fehlenden Korns ausgeliehen, die noch erstattet werden müssen. Dem Pächter des Hofes in Klein Wokern Frisch schuldet Milhahn 29 Taler für 13 Scheffel Gerste. Da die Ernten in ganz Mecklenburg 1770 und 1771 ausgesprochen schlecht ausgefallen sind, ist es wohl nötig, fehlendes Saatkorn dazuzukaufen. Dem Kaufmann Dabel in Rostock muss Jacob noch eine halbe Tonne Hering bezahlen, die er in diesem Frühjahr gekauft hatte.

Familienangehörige im Dorf

Auf dem Hof des Hauswirtes Johann Warkentin wohnt Jacob Milhahns Bruder Jochim Milhahn. Er ist 61 Jahre alt, seine Ehefrau Anna Sophia Schmitt ist bereits verstorben. Es ist erstaunlich, daß Jochim nicht mehr - wie 20 Jahre zuvor - auf dem Gehöft Milhahn wohnt und arbeitet, denn in der Milhahnschen Stelle leben 1770 mit sechs Personen deutlich weniger als auf allen anderen Bauerngehöften des Dorfes. Hier liegt der Durchschnitt bei etwa 10 Personen. Wahrscheinlich ist aber, daß das Altenteilergehöft nach dem Tod des alten Adam Milhahn durch die Familie seiner Tochter Maria Elisabeth Bamm bewohnt wird und die Familie Jochim Milhahns zu dem Zeitpunkt aus dem Bauerngehöft auszieht, als Jacobs Sohn und Gehöftsnachfolger David selbst Familie gründet. Nun reicht der Platz für vier Familien nicht mehr aus. Auch Jochims einziger Sohn Johann Hinrich lebt hier auf dem Warkentinschen Hof. Er ist 36 Jahre alt und gerade frisch verheiratet mit der 26jährigen Ann Dortie Hohmoten. Ihr erstes Kind wird im November 1772 geboren. Diese Tochter - Lene Marie - heiratet später Davids Sohn und Gehöftserben Johann Hinrich.

Von den drei wesentlich jüngeren Halbgeschwistern aus der zweiten Ehe Adam Milhahns lebt niemand mehr in Groß Wokern. Johann Daniel wohnt als Einlieger in Klein Wokern, Adam ist Tagelöhner in Teterow und Jochim Friedrich Weber in Rothspalk bzw. Dietrichshof und später in Mamerow.

Zahlreich sind die Nachkommen von Adams jüngstem Bruder Johann Milhahn. Er selbst ist bereits verstorben, aber seine Witwe Lise Milhahn lebt noch 75jährig im Dorf. Beide haben vier Söhne und eine Tochter. Die drei Söhne David, Friedrich und Ahrent arbeiten allesamt als Drescher in Groß Wokern. Der vierte Sohn Johann Christopher ist Kuhhirte, der Mann seiner einzigen Schwester Lehna Maria Ahrent Burmeister ist Schweinehirt. Beide Familien teilen sich wohl die Wohnungen im Hirtenkaten. Drei Söhne Johanns sind mit einer geborenen Schrivers verheiratet. Auch die familiären Beziehungen zur Hauswirtsfamilie Milhahn scheinen noch relativ eng zu sein, denn man bittet sich häufig gegenseitig zu Taufen. Als Johann Christopher Milhahn stirbt - wahrscheinlich vor 1786 -, übernimmt der Sohn seines Cousins Johann Hinrich Milhahn die Kuhhirtenstelle im Dorf. Spätestens beim Tod seines kleinen Sohnes 1789 ist er schon Kuhhirte. Da aber auch Johann Hinrich schon 1797 wieder verstirbt, geht die Stelle des Kuhhirten nun an Johann Carnehl - Schwiegersohn des verstorbenen Johann Christopher und Ehemann seiner Tochter Catharina Elisabeth.