Schulzen- und Bauernordnung im Domanium vom 1. Juli 1702  /6/

Die Schulzen- und Bauernordnung schreibt zu verschiedenen Schwerpunkten Regeln für das bäuerliche Zusammenleben und deren Wirtschaftsweise vor. Die Verordnung beleuchtet folgende Gebiete:

Feierlichkeiten

Die Schulzen der Dörfer sollen darauf achten, daß ihre Bauern nicht Fluchen, Gott lästern, Ehebruch und Hurerei treiben oder sich dem Aberglauben hingeben. Pfingst-, Fastelabende, Gilden und andere Saufgelage werden verboten. Bei Hochzeiten und Taufen werden bestimmte Mengen an Bier und Essen vorgeschrieben. Vollhüfner dürfen beispielsweise bei einer Hochzeit maximal drei Tonnen Bier ausschenken und vier Essen an jeweils zwei Tagen reichen. Bei Taufen sind nur drei Paten zu benennen und es darf nur eine Mahlzeit gegeben werden, d.h. die Feier ist auf einen Tag begrenzt.

Allgemeine Verhaltensregeln

Die Hauswirte sollen sich gegenseitig in der Not helfen. Kein Untertan darf ohne Wissen des Amtes das Dorf verlassen. Pächte und Kontributionsgelder sind regelmäßig zu zahlen. Der Schulze hat darüber Buch zu führen. Die Bauern müssen regelmäßig zu Hof gehen und sich an die Dienstordnung halten, es sind nur vier außergewöhnliche Fuhren für den Hof gestattet. Ohne Wissen des Amtes dürfen die Hauswirte sich nicht verschulden. Die Verordnung weist darauf hin, daß Bauern fremden Werbungen nicht stattgeben dürfen und daß sie keine Zigeuner ins Dorf kommen lassen sollen. Hierüber ist außerdem gegenüber dem Amt Anzeige zu erstatten.

Feldbestellung

Der Schulze muss darauf achten, daß die Bauern seines Dorfes ihre Hufen rechtzeitig bestellen, gut bemisten, selbst besäen, nicht mit jemandem "zu halben säen" und Acker und Wiesen nicht an andere vermieten. Scheiden und Grenzen des Dorfes müssen dabei unverrückbar bleiben, auch Jagd und Hölzungen des Landesherren sind zu achten. Die Äcker und Wiesen sind in jedem Jahr zu reinigen und völlig auszuroden, große Steine müssen versenkt werden. Um sie herum sollen die Bauern Gräben zur Entwässerung ziehen. Alle Hauswirte dürfen ihr Korn nur in der ihnen durch das Amt zugewiesenen Mühle mahlen lassen. An die Knechte darf kein Korn mehr anstatt Lohn gezahlt werden. Um Schäden an den Äckern und Wiesen durch Nebenwege zu vermeiden, sind die Bauern verpflichtet, Brücken, Dämme und Wege instandzuhalten und Hindernisse auf diesen aus dem Weg zu räumen.

Viehhaltung

Den Bauern wird vorgeschrieben, daß sie jährlich mindestens ein Füllen, ein Ochsenkalb und anderes Jungvieh aufziehen müssen. Die Bienenhaltung wird zur Pflicht gemacht.

Gartenbestellung

In der Verordnung wird festgestellt, daß sich die Gartenbestellung durch die Frauen zu verbessern hat. In jedem Jahr sind Birn- und Apfelbäume zu paten und zu pfropfen. Auch junge große braune Backpflaumen sollen in Obstgarten angepflanzt werden.

Hausbau

Die Bauern sind verpflichtet, ihre Häuser von Zimmern, Dach, Fach und Sohlen instandzuhalten. Jeder Neubau ist dem Amt zu melden, damit der jeweilige Platz angewiesen werden kann. Auf den Gehöften dürfen keine neuen Altenteilerkaten mehr gebaut werden. Dem Altenteiler ist nicht zu viel Einsaat und Vieh zuzugestehen, da die bäuerlichen Hufen sonst geschwächt werden. Aus diesem Grunde dürfen sich im Dorf auch nicht so viele Einlieger und Freie aufhalten. Sie sind nur berechtigt, eine Kuh und zwei Schweine auf die Weide zu führen.

Feuergefahr

Innerhalb des Dorfes muss auf die Feuergefahr geachtet werden. Bauern dürfen kein Holz über dem Feuer trocknen. In den Ställen darf nicht bei offenem Licht gefüttert werden. Über dem Herd ist ein Schwibbogen anzulegen, der vor Funkenflug schützt. Die Backöfen dürfen nur an Stellen gebaut werden, an denen sie dem Dorf keinen Schaden zufügen. Flachs darf nicht in hausnahen Backöfen getrocknet werden. Im Dorf müssen Feuerleitern und Hacken für den Fall eines Brandes bereithängen.

Sonstiges

Die Bauern müssen rechtzeitig Rohr werben, dürfen nicht zur Laichzeit fischen und müssen an das Amt pro Jahr 30 Sperlingsköpfe abliefern, da die Sperlinge große Getreideschädlinge sind.

Die durch das Amt eingesetzten Schulzen haben über die Hauswirte des Dorfes, über Kirche, Schulmeister und Mühle Aufsicht zu führen.