Während der großen Volkszählung werden Teterows Einwohner vom 6. bis zum 10. August 1819 gezählt. Die Beamten gehen von Haus zu Haus - darum lässt die Reihenfolge der Zählung Rückschlüsse auf benachbarte Familien und den gemeinsamen Wohnort in einzelnen Stadtvierteln zu. Insgesamt wohnen in der Stadt 2.730 Personen. Familie Christoph Milhahn Ackerbürger Christoph Milhahn ist bereits seit neun Jahren verstorben. Im Frühjahr 1810 hatte er sich von einer Brustkrankheit nicht mehr erholt. Seine Witwe Maria Petschow bleibt mit vier minderjährigen Kindern zurück. Die drei Töchter Maria, Catharina und Sophia sind 19, 14 und 10 Jahre alt. Ihr einziger Sohn Gottfried ist 16. Jetzt zum Zeitpunkt der Volkszählung lebt die 61jährige Maria Petschow bei keinem ihrer Kinder. In ihrer Umgebung wohnen viele Witwen, Arbeitsmänner und Tagelöhner. Auch von der Familie Petschow lebt so gut wie niemand mehr in der Stadt. Aber noch 1829 ist Christoph Milhahns Witwe am Leben und wird 71jährig als Patin zur Taufe einer Tochter ihres Sohnes Gottfried gebeten. Jetzt - 1819 - ist Gottfried Milhahn 25 Jahre alt und noch unverheiratet. Er arbeitet als Knecht bei Kaufmann Johann Hagemann. In dessen näherer Umgebung wohnen Bäckermeister Gottfried Hagemann, Kaufmann Johann Heinrich Willgohs, Witwe Lena Buhr, Sattlermeister Carl Schmidt, Kaufmann Wilhelm Schliemann, Maurergesell Paul Gernentz, Apotheker Friedrich Scheibel, Glasermeister Friedrich Ahrensf., Hutmachermeister Christian Müller und Schlossermeister Johann Sievert. Ein halbes Jahr später erhält Gottfried das Bürgerrecht der Stadt Teterow und heiratet kurz darauf in Neukalen die 20jährige Sophia Kohfeldt. Bei allen Taufen seiner Kinder ist als Beruf Ackersmann angegeben, ab 1832 ist er außerdem noch Bleicher der Stadt. Gottfrieds älteste Schwester Maria Lorentz ist fast 28 Jahre alt und seit einigen Jahren mit dem vier Jahre älteren Tagelöhner Jochim Lorentz aus Köthel verheiratet. Beide bewohnen ein eigenes Haus und haben zwei kleine Söhne und eine Tochter. Der erste Sohn war noch unehelich geboren - erst danach wurde beiden der Heiratskonsens erteilt. Catharina Milhahn ist die zweite Schwester Gottfrieds. Sie ist 23 Jahre alt, noch unverheiratet und arbeitet als Dienstmädchen bei Paul Hinrich Harder. Auch Gottfrieds jüngste Schwester die 19jährige Sophia Milhahn ist noch unverheiratet und als Dienstmädchen bei Kaufmann Christian Friedrich Bueck beschäftigt. Dieser stammt aus Rostock und lebt seit elf Jahren in Teterow. Zu seiner Familie gehören vier kleine Kinder. Familie Paul Milhahn Der 48jährige Paul Milhahn ist der einzige Bruder des verstorbenen Christoph Milhahn und Onkel von Gottfried und seinen drei Schwestern. Er ist 15 Jahre jünger als Christoph und seit fast zwanzig Jahren mit Hanna Kuhlmann verheiratet. Paul ist Ackersmann und besitzt Haus und Hof in Teterow. Es ist gut möglich, daß er nach dem frühen Tod seines wesentlich älteren Bruders Christoph dessen Ackerbürgerstelle annimmt. Christophs Kinder sind zu der Zeit alle noch minderjährig und niemand sonst könnte den Hof weiterführen. Für diese Annahme spricht auch, daß Christophs Familienangehörige nach seinem Tod nicht mehr in eigenen Häusern wohnen, während seine drei jüngeren Geschwister mit ihren Familien ein Haus besitzen. Es wäre unwahrscheinlich, daß gerade der älteste Sohn nicht auch im Besitz eines Hauses gewesen war. Vielleicht handelt es sich hierbei sogar um das Vaterhaus, denn Adam Milhahn, der einst als Tagelöhner nach Teterow kam, ist bei seinem Tod Bürger der Stadt. Paul und Hanna haben zum Zeitpunkt der Volkszählung die fünf Kinder Elisabeth, Carl, Sophia, Paul, Johann Heinrich und Maria im Alter von 17 bis 2 Jahren. Johann Heinrich wird wenige Jahre später sterben, ebenso wie die Familie bereits zehn Jahre zuvor einen dreijährigen Sohn an Masern verloren hatte. Drei Jahre nach der Volkszählung wird als letztes Kind aber noch der Sohn Friedrich geboren. In Paul Milhahns direkter Nachbarschaft wohnen Böttchermeister Friedrich Bluemcke, Ackersmann Johann Daniel Paeglow, Ackersmann Michael Wilhelm Zingelmann, Schneidermeister Johann Schubert, Webermeister Georg Friedrich Rohn, Arbeitsmann Johann Liebahn, Witwe Magdalene Moningk, Ackersmann Friedrich Adolph Hamann, Müllermeister Foth und viele Müllergesellen und -lehrlinge. Familie Maria Rohr Nur vier Häuser von Paul Milhahn entfernt wohnt seine jüngere Schwester Maria Rohr. Sie ist fast 43 Jahre alt und mit dem Schneidermeister Joachim Rohr verheiratet. Er ist zwanzig Jahre älter als Maria und hatte seine erste Ehefrau am Fleckfieber verloren. Beide sind Eigentümer des Hauses, in dem sie leben. Bei ihnen wohnt noch der 30jährige Sohn aus erster Ehe Johann Rohr. Er ist Ackersmann und noch nicht verheiratet. Die Kinder Maria, Sophia, Elisabeth und Johann sind noch minderjährig und im Alter von 22 bis 8 Jahren. Die älteste Tochter Maria arbeitet als Dienstmädchen in der Stadt. Familie Elisabeth Busack Auch Elisabeth Busack ist eine Schwester von Christoph, Paul und Maria Milhahn. Sie ist 57 Jahre alt und mit dem Arbeitsmann Johann Heinrich Busack verheiratet. Beide wohnen auf ihrem eigenen Hausgrundstück. Bei ihnen wohnt noch der 19jährige Sohn Johann. Er ist zum Zeitpunkt der Volkszählung Maurerlehrling und einige Jahre später bei Maurermeister Voß in Arbeit. Unmittelbare Nachbarn der Busacks sind Schustermeister Carl Wundermann, Schneidermeister Friedrich Busack - vielleicht der Bruder und Schwager, Schustermeister Johann Köpcke, Advokat Carl Wilhelm Bormann, Chirugus Johann Georg Moll, Drechslermeister Johann Kanzel, Arbeitsmann Johann Barschow, Arbeitsmann Christian Kröger und Arbeitsmann Joahnn Schaening. Gottfried Milhahn und seine Tante Elisabeth Busack werden am vorletzten Tag der Volkszählung in Teterow gezählt. Sie wohnen zwar relativ weit voneinander entfernt, es ist jedoch denkbar, daß an jedem der vier Zähltage jeweils ein Stadtviertel besucht wird und beide so im gleichen Viertel wohnen. Die beiden Häuser der Familien Paul Milhahn und Joachim Rohr werden erst am letzten Tag aufgesucht. Auch das Haus, in dem die Witwe Christoph Milhahns Maria Petschow jetzt lebt, wird erst an diesem Tag besucht. Ihr Haushalt gehört damit fast zu den zuletzt gezählten in Teterow. Dieser Umstand ist ein deutliches Zeichen dafür, daß alle drei Familien wohl in dem gleichen Teterower Stadtviertel wohnen. In allen vorhergehenden bekannten Zählungen und Quellen wurden die Viertel immer in der Reihenfolge Kötheler-, Mühlen-, Bach- und Knickhäger Viertel aufgesucht. Das könnte darauf hindeuten, daß alle drei Familien im Knickhäger Viertel leben. Dafür spricht außerdem, daß im 1758 erstellten Schuldenregister von St. Jürgen Joachim Rohrs Vater der Schneider Paul Rohr ebenfalls im Knickhäger Viertel lebt. Dieses liegt östlich des Malchiner Tores und ist wahrscheinlich durch den Malchiner Damm, die Mauerstraße nach dem Garten-Steig und die Straße nach dem Pferdemarkt begrenzt. In Verlängerung der Knickhägerstraße führt hier aus der Stadtmauer der lange Garten-Steig heraus an dem mit den sogenannten Maricken-Gärten die meisten Gärten der Städter liegen. |